Weltumsegler

„Mach‘ nur einmal das, von dem andere sagen, dass du es nicht schaffst, und du wirst nie wieder auf deren Grenzen achten müssen.“ James Cook (1728-1779) englischer Seefahrer und Entdecker.DSC_2430.jpg

Was macht ein Entdecker? Im 18. Jahrhundert entdeckt er zum Beispiel Länder, Inseln und Völker in der Südsee, mit denen die Menschen der nördlichen Hemisphäre nicht gerechnet haben. Und dann entdeckt er einen ganzen Kontinent NICHT, von dessen Existenz die damalige Wissenschaft felsenfest überzeugt war: James Cook sollte endlich den Südkontinent den Atlanten hinzufügen. Er selbst hat übrigens immer bezweifelt, dass es aus Gleichgewichtsgründen so eine Landmasse im Süden der Erdkugel geben müsse. Gewissheiten und Denkvorschriften hinterfragt man aber zu keiner Zeit besser nicht. Da er an Kartographie und der Schifffahrt großes Interesse hatte, nahm er den Auftrag dennoch an und stach im August 1768 zu seiner ersten großen Entdeckungsreise von Plymouth aus in See. Mit ihm waren einige großartige Beobachter, neugierige, forschende, Grenzgänger an Bord der Endeavour. Dieses Schiff unterschied sich wesentlich von anderen Seglern , die zu ähnlichen Expeditionen im 18. Jahrhundert in den Weltmeeren unterwegs waren. Sie war ein eher schwerfälliges ehemaliges Kohlefrachtschiff mit riesigem Laderaum und ohne Kanonen, die für Cook nur unnötigen Ballast bedeutet hätten. An dieser Stelle kommt nun das gängige Vokabular von der Entdeckung des Paradieses in der Südsee, blabla…alles sehr verwässert seither. Paradiesisch wird es erst wieder, wenn forschende Neugierde ins Spiel kommt und erstarrte Denkmuster, etablierte Gewissheiten und Klischees umsegelt und von einer anderen Seite betrachtet werden können. Dazu braucht es Mut und treue Gefährten mit Herz und Verstand.

Wortfindungsstörung

DSC_2106.jpgDie guten Wünsche zum Jahresbeginn verhallen allmählich. Der Alltag streckt seine routinierten Greifarme wieder nach uns aus. Ein auffällig bebrillter Politiker ohne Durchblick faselt mit verschränkten Armen eine konservative Revolution herbei. Wobei ihm natürlich an dem Inhalt des Ausdrucks gar nicht so viel liegt wie an dem Effekt, den das Wort hat. Das sind nur die harmlosen zeitgeschichtlichen Rahmenbedingungen, die einem die Sprache verschlagen könnten. Soweit darf es aber nicht kommen – um Worte müssen wir ringen, wenn wir einander verstehen wollen. Eine schlagfertige Journalistin pariert dem Brillenmann ohne unanständig zu werden. Sachlich, klug und wortgewandt: Eine gute Strategie für die anstehenden Auseinandersetzungen im neuen Jahr, wenn der Alltag uns mal wieder mit verschränkten Armen den Weg in die innere Freiheit verstellt.

Still Leben

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Ohne mit der Wimper zu zucken einen Augenblick verweilen. Im Moment ist alles friedlich, melden die Sinne. Es ist diese wunderbare Zwischenzeit, wenn aus dem alten ein neues Jahr zu werden verspricht. Grund zur Zuversicht gibt es genug, auch wenn sie in der lauten Welt nicht oft thematisiert wird. Diesseitigkeit als Jammertal zu bezeichnen ist geistige Körperverletzung und erstickt den Sinnenreichtum des Hier und Jetzt. Wie schön, dass die Psycho- und Neurowissenschaften das inzwischen belegen können, Jeffrey Lohr von der Arkansas University hat herausgefunden: Jammern verändert das Gehirn und macht dumm. Prompt stürzt sich das ganze Internetz auf die Erkenntnis. Ruhig mal nachguggeln:  da wimmelt es nur so von Jammerwarnungen und erhobenen Zeigefingern, es werden die Ewignörgelnden, Selbstbemitleider und Heulsusen denunziert. Die fleißigen Studienzitierenden gehören selten zu den dummen Jammerlappen. Wettjammern („Dir geht es schlecht? Mir geht es noch viel schlechter!“)finde ich auch blöd, weil es immer mit der Weigerung, dem Gegenüber Mitgefühl zu schenken verbunden ist. Aber diese Antijammerkampagne hat einen unangenehmen Beigeschmack: Selbstgefälligkeit und Häme. Wenn ich noch genauer hinsehe, fällt mir eine alte Bekannte auf: Wer kennt sie nicht seit Kindertagen die olle Nervensäge Selber-Schuld! Sie ist die Verbündete der Trostlosigkeit und des Geborgenheitsentzugs bei allen größeren und kleineren Missgeschicken.  Und nun? Die eigenen Gewohnheiten durchchecken, Zeigefinger einklappen, lächeln und weiteratmen. Still leben, Zuversicht kultivieren. Alles ist friedlich – melden meine Sinne.

Vorsätzlich

Die besten Gespräche finden zwischen den Jahren statt. Um einem k.o. durch Inspirationsüberschuss vorzubeugen reanimiere ich hiermit diesen uralten stillen Notizblog. Schau an meine Liebe, was sich da schon angesammelt hat – ich habe selbst gestaunt. Glücklich, wer eine Schwester aus Fleisch und Seele hat. Das Leben kann man nur persönlich bei den Hörnern packen. Am liebsten mit Hilfe des eigenen Gehirns. Herzen können einem dabei nie genug zufliegen.

Rituale und Routine

Ein schmaler Grad: Alljährlich scheitern wir bei diesem Balanceakt und fallen in den gähnenden Abgrund der Sinnentleerung. Unsere Vernunft hat sämtliche Gefühle wegrationalisiert. Wir versuchen sie krampfhaft mit Dekoterror und Spendenbereitschaft wieder auf Weihnachtsglanz zu polieren. Das Fest der Liebe fällt dem Klimawandel zum Opfer, ein unfreiwillig aufgeschnapptes Zitat auf einem Weihnachtsmarkt hat mich erleuchtet: „Bei diesen Temperaturen kommt doch kein Mensch in weihnachtliche Stimmung. Es braucht ja keinen Schnee, aber es sollte halt doch so richtig knackig kalt sein!“ Ach sooooo! Wenigstens ist es schon dunkel, sogar zappenduster. Vielleicht hat tatsächlich der Letzte das Licht ausgemacht? Neee nicht Lichterkette! Ach, egal.

Den Teufel mit dem Belzebub

… austreiben: Ein probates Mittel seit der Inquisition. Eine ganz neue Herausforderung für diese quasi homöopathische Verfahrensweise (Gleiches mit Gleichem) ist die allseits zum Schüren weltlicher Vergänglichkeitsängste beliebte Schweinegrippe. Ach oweh – werden doch diese teuflischen Viren nicht im Weihwasser und auf gewandelten Hostien ihrer Wirte harren?? Lassen wir das verwässerte Ritual und das Abendmahl bleiben! Die Feier der Osternacht wird dadurch auf eine unserem schnelllebigen Zeitalter gemäße Länge eingedampft werden können. Überhaupt diese ganze Gefühlsduselei: Friedensgruß und andere Formen von Körperkontakt – igittigittiii! Der Herrgott hat uns diese Seuche als Strafe geschickt, weil wir unsere Hände nicht bei uns behalten können und immer wieder lüstern Berührung mit anderen Menschen suchen! Aber damit ist jetzt Schluss! Umarmungen, Küssen – von anderen Formen des unhygienischen Hautkontakts ganz zu schweigen – müssen unterbleiben… Die gute Nachricht zum Schluss: Wer’s nicht glaubt wird selig.

Werte: Ge- und Erbrochenes. Versuch einer Ferndiagnose

Versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen. Simples Merksprüchlein immer schon und wieder gerne auch in der modernen Kindererziehung zur Anwendung gebracht. Schließlich lamentieren alle – vor allem die kinderfernen Gesellschaftskreise – über den allgegenwärtigen Werteverfall. Also halten wir gesellschaftsfernen Erziehungsbeauftragten unsere Kinder zu Höflichkeit und Zuverlässigkeit an, sonst bringen sie es in der fernen Zukunft zu nichts. Die ganze Erziehung kann man sich aber getrost sparen, so hört man andernorts, Kinder machen ja sowieso alles nach. Ach wie gut, dass wir jetzt so eine wertekonservative neue Regierung haben, die gleich mit dem Bruch sämtlicher Versprechen startet, welche die beteiligten Parteien vor der Wahl uns politikunverdrossenen Idioten (Idiot heißt im Altgriechischen soviel wie gesellschaftsfern) gaben. Die Kinder verstehen das ja noch nicht – oder? Jedenfalls liebe Kinder: Bitte nicht zu Hause nachmachen! Oder doch? Schließlich soll ja mal was aus Euch werden!

Der Sinn des Lebens

Ein Zitat, aufgeschnappt beim Kaffeetrinken (von übermäßigem Koffeingenuss ist abzuraten): „Wozu soll man denn heute noch Kinder haben? Die bekommen ja später sowieso keinen Arbeitsplatz mehr!“ Wer dumm fragt, riskiert eine dumme Antwort – so der intellektuelle Reflex. Reflexe gibt es aber nur im gesunden Organismus. Die Antwort kam nicht, nur Zustimmung. Kommunikationsfehler: Auf eine W-Frage kann man doch nicht mit ja oder nein antworten. Deutschlehrerhafte Erbsenzählerei aus Verzweiflung. Danke für die Aufmerksamkeit. Die Frage bleibt offen. P1040025

Gerechtigkeit

P1030513Sinngemäßes Zitat von John F. Kennedy: Du solltest Dich am besten damit abfinden, dass das Leben ungerecht ist – oft sogar zu Deinen Gunsten. Empörung über unsaubere Wiedergabe erwünscht: Bin zu faul für die Recherche nach dem wörtlichen Original aber aufgeschlossen, mir helfen zu lassen. Zurück zum Thema: Lassen wir dem Schicksal getrost den Spielraum, gehen zur Wahl und blicken auch sonst dem kommenden Herbst mit Zuversicht entgegen. Die Bundesrepublik ist dann mit Schweine grippe also äh Neuegrippeimpfstoff für annähernd 80% der Bevölkerung ausgestattet. Zu wessen Gunsten sollte man nun Ungerechtigkeit herbeibeten?

Wende Dein Gesicht

sonnenblumerückender Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter Dich.

Soweit, so klug. Den halsbrecherischen Versuch, über den eigenen Schatten zu springen, kann man bei dieser Haltung getrost unterlassen. Schattenseiten haben sowieso immer nur die anderen, wir sind die Guten: Tolerant (außer dem Bösen und Hässlichen gegenüber), weltoffen (außer wenn es ernst wird), ge BILDet (nur wenns keine eigene Meinung braucht), sparsam, sittsam, hilflos und gut.